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Prof. Dr. Haft, Fritjof
Einführung in das juristische Lernen, 7. Aufl.
7., mit einem Nachwort versehene, im Übrigen unveränderte Auflage
€ 24,80 | bestellen
ISBN: 978-3-7694-1143-0
2015/02 | XXXVI und 443 Seiten | Gebunden
Aber was genau? Und wie lerne ich denn gerade juristisches Lernen? Exakt auf diese Fragen gibt der "Haft" Antwort: Er macht Denk- und Lernvorgänge bewusst, beschreibt Wege und Methoden für erfolgreiches Lernen, stellt sie grafisch dar, baut Strukturen auf, bringt laufend Beispiele, … . In einem Nachwort geht der Autor auf die aktuellen Entwicklungen, insbesondere im IT-Bereich, ein.
Durchweg gilt: Die Lektüre dieses Buches ist nicht trocken oder schwer verdaulich, sondern immer interessant und spannend. Am Ende werden auch Sie staunen, wie gut Sie mit dem "Haft´schen Ansatz" das Lernen lernen können…
"Das vorliegende Lernbuch erschien in der 1. Auflage bereits 1983, wurde ab der. 6. Auflage 1997 neu bearbeitet und ist ohne wesentliche Änderungen im letzten Jahr nochmals neu aufgelegt worden. Der Autor war von 1982 bis 2005 Inhaber des Lehrstuhls für Straf- und Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsinformatik an der Universität Tübingen und ist seitdem Geschäftsführer eines juristischen Softwareunternehmens sowie Vorstandsmitglied in der Deutschen Gesellschaft für Mediation. Das Buch widmet sich vornehmlich dem Jurastudium, ohne auf andere juristische Studiengänge einzugehen, was dessen Anwendungsmöglichkeit nicht mindert. Aus heutiger Sicht und möglicherweise dem neoliberalen Zeitgeist der 90er-Jahre geschuldet, mutet es eher merkwürdig an, dass der Autor das Studium und juristisches Lernen als "Unternehmen" beschreibt und dies sich als hauptsächlicher roter Faden durch sämtliche Kapitel zieht. Hervorzuheben ist eine klare Gliederung in den Überschriften der vielen kurzen Abschnitte sowie eine für Juristen eher untypische, hervorragend verständliche Sprache. Lebendig geschrieben und anschaulich durch viele Beispiele aus der Geschichte und dem praktischen Leben behandelt der Autor vornehmlich aus dem Strafrecht seine Denkansätze und Erfahrungsschätze für ein nachhaltiges juristisches Lernen. Die dargestellten Inhalte sind nicht immer kohärent den vielzähligen Kapiteln und Abschnitten zugeordnet, jedoch erhebt dieses "Lernbuch" auch nicht den Anspruch, ein wissenschaftliches Werk zu sein, obwohl die vielen historischen Rückblicke und philosophischen Einblicke mindestens populärwissenschaftliche Ansprüche erfüllt. Wertvoll für alle juristischen Berufe ist Hafts Kapitel zum Erlernen von juristischen Regeln. Das von ihm mehrfach betonte Erfordernis des selbstständigen Lernens und Denkens ist ja auch nicht nur für Rechtsanwälte essentiell. Der Leser hat stets teil an der Entwicklung der Gedankengänge des Autors, rechtshistorisch beschreibt er beispielweise das Entstehen von Regeln und sozialer Gefüge, beschreibt die Entstehung des preußischen allgemeinen Landrechts, erläutert die Prinzipien des Naturrechts, dessen Entwicklung hin zum Rechtspositivismus, er weist auf die noch im 19. Jahrhundert bestehenden Kommentierungsverbote für Gesetze und schließlich auf die Bedeutung des Gewohnheitsrechts zur Weiterentwicklung der Rechtswissenschaften hin. Vor allem aus der Sicht der Rechtspflege-Hochschulen kann man dem Autor nur voll-auf zustimmen, wenn er die Bevorzugung des materiellen Rechts im Studium vor dem Verfahrensrecht bemängelt. Eben hierin haben die Hochschulen für Rechtspfleger und nunmehr auch für Gerichtsvollzieher sicherlich ihre bedeutsamen Vorzüge. Der Rezensent vermisst bei der Darstellung des Rechtspositivismus die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und anderen totalitären Systemen, die sich gern einen rechtsstaatlichen Anstrich gegeben haben. Dies folgt im Ansatz dann in einem anderen Kapitel. Sehr wertvoll sind dagegen die Hinweise von Haft zur Bewältigung von Komplexität. Die Kapitelüberschrift als "Betriebsausstattung-Hardware-Computer" verschleiert leider die hervorragende Ausarbeitung zur Funktionsweise und Begrenztheit des menschlichen Gedächtnisses. Es überrascht, dass die mathematische Logik bei Haft nur am Rande vorkommt, der dafür allerdings betont, dass der juristisch Tätige auch ein Rechtsgefühl benötigt, um methodisch fehlerhafte Entscheidungen zu erkennen. Mehrfach betont Haft die Erforderlichkeit, mit Strategie vom Berufsziel her zur Studienentscheidung und -ausrichtung zu gelangen und empfiehlt hierzu, die Studienpläne im Vorhinein gründlich auszuwerten. Für das juristische Denken schlägt er das Normalfalldenken statt einem Problemfalldenken vor und plädiert hierzu für eine hierarchisch geordnete Struktur der Gedankengebäude. Er nimmt so manche juristische Denkweise aufs Korn: Statt der herrschenden Meinung hinterherzulaufen, sollten Juristen lieber gute Argumente suchen, denn nur über kombinatorisches Denken gäbe es auch einen Fortschritt im Recht. Für einen Fehler hält er auch das Denken in festen Positionen aus normierten Ansprüchen heraus und möchte besser die Interessen der Parteien im Mittelpunkt sehen. So verwundert es auch nicht, dass Haft ein Protagonist für die Erzeugung von Win-win-Situationen durch Mediation ist. Durchgesetzt hat sich offensichtlich Hafts Auffassung, nicht im übertriebenen Maße jede juristische Aussage durch Zitate belegen zu müssen, denn zu Recht weist Haft darauf hin, dass durch unnötige Querbezüge die Quellenaussagen eher verwässert werden können. Zur Anwendung der Lernerkenntnisse werden im vorletzten Kapitel Beispiele zur Erarbeitung von Rechtsbegriffen aus dem Bürgerlichen Recht behandelt. Im aktuellen Nachwort behandelt Haft vor allem die Rechtsinformatik, die für ihn der Einsatz des Computers im Recht darstellt und fachwissenschaftlich völlig unzureichend behandelt werde. Die Realität durch e-justice überholt hierbei allemal die Wissenschaft und Lehre. Nicht zuletzt diese schon jahrzehntelangen Erkenntnisse des Autors zeigen seine hervorragende Gabe zur Beobachtung und Verknüpfung komplexer Zusammenhänge, verbunden mit der Fähigkeit, diese Erkenntnisse allgemein verständlich an alle Interessierten weiterzugeben. Dieses intelligente Werk regt zum Mit- und Nachdenken an. Alle Lernenden, und das sollten nicht nur Studierende sein, können hieraus wichtige Erkenntnisse gewinnen. Empfehlenswert ist das Buch daher neben Studierenden an allen juristischen Hochschulen auch für Tätige in allen juristischen Berufen, um ihre Fähigkeiten zu erweitern."
(Stefan Mroß in DGVZ 2016, 214)